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M. Zahn, Olimar: „Ich glaub an die Sommerferien“

Olimar-Geschäftsführer Markus Zahn kritisiert die mangelnden Perspektiven für den Restart der Reisebranche. Ohne Tourismus könnten die Länder Südeuropas nicht wieder auf die Beine kommen. Das sei politisch hochgefährlich.

Innerhalb weniger Monate hat Portugal mit enormer Disziplin den Wandel von extrem hohen Infektionszahlen zum Musterland geschafft. Die Öffnungspläne sind klar kommuniziert, während sie in Deutschland und Österreich nur langsam Form annehmen. Ab Ende April, Anfang Mai können wieder Touristen empfangen werden. Für Markus Zahn, Geschäftsführer Olimar Reisen, ist die unklare Haltung in vielen mitteleuropäischen Staaten unverständlich.

Auch für den digitalen Impfpass zeigt sich Markus Zahn nicht allzu optimistisch. „Der wird nächstes Jahr funktionieren, dieses Jahr nicht. Dabei verarmt ganz Südeuropa, weil die Gelder aus dem Tourismus fehlen. In Portugal etwa gibt es keine üppigen Förderungen. Wie Olimar durch die Krise gekommen ist, ob und wie die Buchungen anlaufen und was für Markus Zahn das Positive an der Krise ist. Über diese und andere Themen hat sich der Olimar-Geschäftsführer mit tip-online unterhalten.

Fragen & Antworten

Wie ist Olimar bisher durch die Pandemie gekommen?
Markus Zahn: Wir haben aus privaten Mitteln im Vorjahr die Vila Palmeira, eine Anlage an der Algarve, übernommen, mit 42 Apartments. Für das Unternehmen haben wir zu Beginn der Pandemie sofort auf Kurzarbeit und Home Office umgestellt, sowie Kosten stark reduziert. Wir waren schon vorher dezentral organisiert, aber wir werden sicher weiter viel auf Home Office setzen. Daher haben wir in Köln auch eine Büroetage gekündigt. Im Sommer 2020 haben wir einen Fördermittelkredit und Überbrückungshilfen erhalten. Das hat geholfen. Wir machen derzeit keine Marketing-, sondern Liquiditätspläne. Wir wollen und müssen durchhalten, wir werden nächstes Jahre 50 Jahre alt. Je größer ein Reisebüro oder ein Veranstalter ist, desto schwieriger ist es durchzukommen. Wir hoffen, dass viele Reisebüros die Krise überleben werden, denn wir brauchen sie für den Vertrieb.

Sind die Buchungen wieder angelaufen? Was wird gebucht?
Markus Zahn: Sehr wenig, wir hatten mehr erhofft. Die Menschen wollen reisen, aber ungefähr die Hälfte wird abgehalten durch die Sorge vor der Quarantäne-Falle. Die Reiseländer sind top vorbereitet. Die Leute warten jedoch mit den Buchungen ab, sie wollen nicht wieder auf Balkonien urlauben.

Wie ist aktuell die Covid-Lage in Portugal? Welche Regionen sind bereisbar?
Markus Zahn: Alle Regionen sind bereisbar, allerdings gelten in Deutschland derzeit die Algarve und die Azoren wieder als Risikogebiet. Madeira war es schon vorher. Die Schwelle liegt bei einer Inzidenz von 50, also deutlich unter den Werten in Deutschland und Österreich.

Wie hat Olimar auf die verstärkte Nachfrage nach Outdoor und Villen und Ferienhäusern reagiert?
Markus Zahn: Unser Reiseprogramm ist von jeher eher individuell, besonders bei Mietwagenrundreisen. Das Angebot an Ferienhäusern haben wir ausgebaut. Aber da so wenig gebucht wird, kann man keinen Trend erkennen.

Hat Olimar neue Produkte entwickelt?
Markus Zahn: Nein. Wir haben für Portugal allerdings ein paar neue Rundreisen.

Airlines werden schnell reagieren

Wie sieht es mit Flugverbindungen nach Portugal im Sommer aus? Wird es ausreichend Kapazität geben?
Markus Zahn: Derzeit stehen die Flugzeuge am Boden. Sobald die Nachfrage kommt, werden die Airlines sehr schnell darauf reagieren. Sie sind sehr flexibel geworden. Die Lufthansa fliegt ab Ende Mai ab Frankfurt auf die Azoren (Ponta Delgada), an die Algarve ab München und Frankfurt. Das stimmt mich zuversichtlich.

Was hört ihr von euren Partnern in Portugal?
Markus Zahn: Für sie ist die Lage sehr schwierig. Ab Juni rechnen sie mit dem portugiesischen Markt, dem englischen und deutschsprachigen noch nicht. Sie haben Hoffnung, dass die Engländer bald buchen. Für Portugal wird das Geschäft aus dem Heimmarkt sehr wichtig.

Was erwartet ihr buchungsmäßig für das laufende Jahr?
Markus Zahn: Wenn ich ehrlich bin, gucken wir, ob wir mit 30% oder 40% des Vorkrisenniveaus planen können. Wir müssen von vier Monaten, von Juli bis Oktober leben. Es wäre hilfreich, wenn die Bundesregierung das Reisen einfacher machen würde.

Höhere Nachfrage nach authentischen Unterkünften

Wann wollt ihr das Vorkrisen-Niveau wieder erreichen?
Markus Zahn: Wir haben ursprünglich an 2023 oder 2024 gedacht. Ich weiß nicht, das wäre schön, aber es ist schwer zu sagen. Wir müssen mit weniger Umsatz auskommen.

Olimar hat ja nicht nur Portugal im Programm.Wie sind die anderen Destinationen nachgefragt? 
Markus Zahn: Ja, wir haben auch Spanien und Italien im Programm. Dafür haben wir in unseren Webinaren sehr guten Zuspruch erhalten. Wir sind bei Spanien der Spezialist für das Festland. Da sind wir einer der größten Anbieter am Markt. Das müssen wir stärker bewerben. In Italien haben wir allen Inseln sowie ein großes Angebot vom Norden bis in den Süden im Programm. Italien ist ja, wie auch Kroatien, für die Autoanreise sehr gut geeignet.

Seht ihr eine Tendenz zu mehr Nachfrage nach nahhaltigen Angeboten? Zeichnen sich andere Entwicklungen ab?
Markus Zahn: Wir sehen eine höhere Nachfrage nach authentischen Unterkünften sowie nach Bike- und Wandertouren. Das wird auch in Zukunft in diese Richtung gehen.

Kannst du dem vergangenen Jahr auch etwas Positives abgewinnen?
Markus Zahn: Wir hatten am Anfang alle gehofft, dass es schnell vorbei geht. Wir müssen uns anders aufstellen, weil man als Veranstalter für alles haftbar ist. Wir müssen unsere Stärken mehr hervorstreichen. Für Spanien und Italien haben wir keinen eigenen Katalog. Wir müssen uns fragen, wie wir die Vermarktung stemmen können als kleiner Veranstalter? Wir optimieren die Prozessabläufe und stellen uns noch effizienter auf. Das ist positiv.
Ja, und da habe ich noch eine Anekdote aus dem Vorjahr: Am 1. Juli gingen die Grenzen auf und ich bin mit meiner Familie zu fünft per Auto losgefahren in Richtung Portugal. In ganz Frankreich waren wir praktisch allein auf der Autobahn. Die Kontrolle an der Grenze zwischen Spanien und Portugal war wie in den 1980er Jahren. Das war ein Deja-vu. Der Grenzbeamte hat uns über die Hygieneregeln aufgeklärt und uns einen schönen Urlaub gewünscht. Das war so wie vor 40 Jahren, als wir als Pioniere unterwegs waren, total allein. Ein Statement zum Schluss? Markus Zahn: Ich glaub an die Sommerferien. Die europäischen Regierungen müssen Tourismus zulassen. Das ist besonders für Südeuropa wichtig. Sonst wird das politisch hoch gefährlich.

Das Gespräch führte Elo Resch-Pilcik


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Foto: tip

Autor/in:

Herausgeberin / Chefredakteurin

Elo Resch-Pilcik, Mitgründerin des Profi Reisen Verlags im Jahr 1992, kann sich selbst nach mehr als 30 Jahren Touristik - noch? - nicht auf eine einzelne Lieblingsdestination festlegen.





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