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Branche weiter im Würgegriff der Pandemie

Eine Erhebung des Deutschen Reiseverbands (DRV) hat einen pandemiebedingten Umsatzrückgang in der Branche von 70 Prozent ermittelt.

Die schon mehr als anderthalb Jahre andauernde Corona-Pandemie trifft die Reisebranche das zweite Jahr in Folge besonders hart – das zeigt der Blick zurück auf das in wenigen Tagen zu Ende gehende Touristikjahr 2020/21 (November 20 bis Oktober 21).

„Ein erneut schwieriges Jahr liegt hinter uns, nach einem Lock-down-Winter gab es erst im Sommer endlich Auftrieb. Die Kunden haben in den vergangenen Monaten extrem kurzfristig gebucht“, resümiert DRV-Präsident Norbert Fiebig.

Zwölf Millarden Verlust

Basierend auf Auswertungen von Travel Data + Analytics (TDA) für den DRV zeigen sich zum Buchungsstand Ende September 2021 mit 69 % Umsatzrückgang gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019 erneut dramatische Einbrüche. Das entspricht einem Umsatzrückgang von fast 12 Mrd. EUR bei den Veranstalterreisen. Erfasst sind bei dieser Auswertung pauschal oder in Bausteinen gebuchte Urlaubsreisen, die in stationären Reisebüros und auf Online-Reiseportalen der Veranstalter sowie bei Online Travel Agencies (OTA) gebucht werden. Vor allem der annähernde Totalausfall der Wintersaison zwischen November 2020 und April 2021 schlägt mit einem Umsatzrückgang von 94 % gegenüber dem Winter 19/20 zu Buche. Im Sommer 2021 ist die Urlaubsnachfrage erfreulich angestiegen. Von Mai an zog es die Reisewilligen in die Reisebüros und auf die Online-Reiseportale. Einige Wochen lang lag das Buchungsaufkommen sogar deutlich über dem Niveau von 2019 – ein Indiz für ein großes Urlaubsbedürfnis nach monatelangem Lock-down.

Fernreisen und Kreuzfahrten besonders betroffen

Dabei haben die Urlauber in diesem Jahr so kurzfristig gebucht wie nie zuvor: Vielfach haben sie sich erst „last minute“ bis kurz vor Abflug für die konkrete Reise entschieden. Die TDA-Zahlen belegen: In den Hauptferienmonaten Juli wurden 55 % und im August 61 % aller Reisen weniger als vier Wochen vor Abreise gebucht. Auch im September blieben kurzfristig gebuchte Urlaubsreisen für die Herbstmonate mit einem Umsatzanteil von 55 % hoch. Das in diesem Sommer insgesamt so außergewöhnlich starke Kurzfristgeschäft konnte die bis April während des Lock-downs aufgelaufenen Verluste allerdings nicht wettmachen: Die Sommersaison 2021 (Zeitraum Mai bis Ende Oktober) weist zum aktuellen Buchungsstand kumuliert einen Umsatzrückgang von 56 % gegenüber dem Vor-Corona-Sommer 2019 auf. Die stärksten Umsatzverluste zu dem Vor-Corona-Jahr gab es mit 73 % bei Fernreisen und mit 67 % bei Kreuzfahrten.

Spanien, Griechenland und Türkei als Gewinner

Diese Rückgänge treffen die stationären Reisebüros besonders, da diese Reisen beratungsintensiv sind und daher üblicherweise stärker im Reisebüro nachgefragt werden. Beim Vergleich zum Vorjahr, dem Corona-Sommer 2020, ist erfreulich zu sehen, dass in den zurückliegenden Sommermonaten wieder deutlich mehr gereist wurde. Besonders hoch war die Nachfrage laut TDA-Auswertungen für die Flugpauschal-Reiseziele wie Spanien, Griechenland oder die Türkei. Neben den Flugreisen wurden auch die mit Auto, Bus oder Bahn erreichbaren Ziele in Deutschland, Österreich und den anderen angrenzenden Ländern nachgefragt. (red)

Vorschau Wintersaison

Des Weiteren zeigt die Analyse die Top-Reiseziele der kommenden Wintersaison (November und April):

  • Kanaren
  • Malediven
  • Ägypten
  • Dominikanische Republik
  • Vereinigte Arabische Emirate
  • Türkei

Die Kanaren vereinen dabei rund ein Drittel des gesamten Umsatzes bei den pauschal- oder in Bausteinen organisierten Veranstalterreisen. Die Malediven und die Dominikanische Republik haben das Vor-Corona-Niveau schon fast erreicht. Ägypten ist trotz der Einstufung als Hochrisikogebiet schon gut gebucht, ist allerdings von alter Größe bei dem Umsatzvolumen noch weit entfernt (minus 53 % im Vergleich zum Winter 19/20). Andere klassische Winterreiseziele wie Thailand, die USA (insbesondere Florida), Mauritius, Kuba, die Seychellen oder in Afrika Kenia, Tansania und Südafrika weisen zum aktuellen Buchungsstand Ende September verglichen mit ihren Vor-Corona-Niveaus kumuliert ebenfalls noch hohe Rückstände auf. Da weiterhin sehr kurzfristig gebucht wird, zeigt die anstehende Wintersaison 2021/22 zum Buchungsstand Ende September insgesamt noch einen hohen Rückstand von minus 50 % im Vergleich zum Winter 2019/20.

Prognose für das gesamte Touristikjahr

Der Blick auf das gesamte nächste Touristikjahr 2021/22 (1. November 2021 bis 31. Oktober 2022) fällt verhalten optimistisch aus. Zwar steigen nach Angaben der Anbieter auch die Buchungen für Kreuzfahrten wieder sichtlich an und die Branche erwartet, dass Reisewillige generell ihren aufgrund der Pandemie aufgeschobenen oder ausgefallenen Urlaub im nächsten Jahr nachholen werden, dennoch wird die vollständige Erholung nach Einschätzung von Fiebig noch dauern:

„Wir stellen uns auf ein weiteres schwieriges Jahr ein. Eine Belebung erwarten wir erst ab dem zweiten Quartal. Ein Umsatzniveau annähernd wie vor der Pandemie wird sich wohl frühestens 2023 einstellen. Die Reisesehnsucht ist vorhanden. Auch zeigten viele Indikatoren in der Wirtschaft eine positive Tendenz – so steigen laut GfK-Marktforscher Wirtschafts-, Verbraucher- und Konsumklimaindex. Aber sowohl die Entwicklung der Pandemie als auch politische Entscheidungen wie etwa Quarantäneregelungen beeinflussen das Buchungsverhalten maßgeblich.“

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Sandra Zurek

Autor/in:

Managing Director

Nach 10 Jahren ist Sandra Zurek zum Profi Reisen Verlag zurückgekehrt und zeichnet aktuell neben Vermarktung und Medienkooperationen auch für Redaktion verantwortlich.





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