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Liberty-Boss Mario Enzesberger über Wunderwuzzis und Wasser


Mario Enzesberger, Liberty International & Secluded Africa Lodges
Mit Liberty International hat der Salzburger Mario Enzesberger ein globales Netzwerk an DMC mit Büros in 65 Ländern aufgebaut. Der Startschuss dazu fiel vor 33 Jahren in Prag. Mit Secluded Africa betreibt Enzesberger mit einem Partner kleine, feine Lodges im Busch und an der Küste Kenias.

tip: Wie kommt es, dass dich in Österreich so wenige Menschen in der Touristik kennen?
Mario Enzesberger: Ich habe nicht so viele Kontakte zu Branchenleuten in Österreich, da ich in Kenia lebe und grundsätzlich viel in der Welt unterwegs bin. Ich bin aber immer auch wieder gerne in der alten Heimat.

Was waren die wichtigsten Stationen deiner Karriere?
M. E.: Ich habe bei Ruefa in Salzburg gelernt, danach bin ich zu Airconti gewechselt und hab dort den Veranstalterbereich aufgebaut. Später wurde ich vom Oberösterreichischen Landesreisebüro, das dann Wintereder übernommen hat, „geheadhuntet“. Mit dem Konkurs von Wintereder hatte ich nichts zu tun. Beim Mauerfall war ich knackige 33 Jahre. Da habe ich die Chance zur Selbstständigkeit ergriffen und bin nach Prag gegangen und hab begonnen, Liberty International systematisch aufzubauen.

Heute seid ihr ja global tätig…
M. E.: Ja, wir haben in ca. 65 Ländern Büros, mit denen wir 116 Länder betreuen. Fast alle Büros sind in unserem Eigentum, nur 3% im Franchise. Liberty hält an allen Niederlassungen mindestens 51%, die lokalen Geschäftsführer haben einen Anteil von 1% bis 49%. Wir sind sehr groß und gleichzeitig auch klein. Gesteuert wird alles von der Liberty Development Holding mit Sitzen in Salzburg, Paris und Kenia.

Seit Beginn ist Liberty vollkommen frei finanziert. Du lebst jetzt in Kenia, wie ist es dazu gekommen?
M. E.: Vor 27 Jahren bin ich durch Zufall nach Afrika gekommen. Potenzielle Partner wollten damals, dass ich in Osteuropa Safaris verkaufe. Dann habe ich einen Anruf von Richard Corcoran erhalten. Nach viel Tusker-Bier und Rotwein haben wir uns auf die Gründung von Liberty Africa mit Kenia, Tansania und Uganda geeinigt. 2006/07 in der Finanzkrise habe ich die Mehrheitsanteile übernommen. Ein weiterer Schritt waren eigene Safari-Fahrzeuge. Vor 17 Jahren haben wir die erste Lodge im Tana Delta errichtet, dann folgten Kipalo, Mara und Cardamom House an der Küste. Die Lodges laufen unter dem Namen „Secluded Africa“; daran sind mein Partner Andreas Henckell und ich zu je 50% beteiligt. Ein besonderes Anliegen ist mir auch der Secluded Africa Wildlife & Community Trust, den jeder Gast automatisch mit einer Gebühr, die im Reisepreis inkludiert ist, unterstützt. Ein Urlaub in unseren Lodges bedeutet auch gleichzeitig, etwas Gutes tun. Der Trust finanziert zahlreiche Projekte zur Unterstützung der Bevölkerung, der Natur und der Tierwelt. Zurzeit planen wir gerade eine Design & Arts School in Kipalo und eine Taekwondo Schule, um unterprivilegierten Kindern Perspektiven zu geben. Wir haben alle Lodges zu 100% aus dem Cashflow finanziert, ohne Kredite.

Wir haben überall die Reißleinen gezogen, wo wir ein Risiko gesehen haben

Wie hoch ist der Umsatz bei Liberty?
M. E.: Der Umsatz liegt im dreistelligen Millionen-Bereich, Euro oder Dollar. Beim Ebitda liegen wir weit über dem Branchen- Schnitt. Liberty als Holding hat weltweit mit Ausnahme der Pandemiezeit noch nie Verlust gemacht. In der Pandemie haben wir uns aus eigenen Stücken durchfinanziert. Am Anfang hat das allerdings tragisch ausgeschaut.

Euer Veranstalter in Österreich, Best4Travel, hat die Pandemie aber nicht überstanden…
M. E.: Ja, wir haben überall dort die Reißleinen gezogen, wo wir ein Risiko gesehen haben. Dazu hat auch Best4Travel gehört. Dann haben wir das sehr schnell umgesetzt. Durch den Veranstalter wollten wir unsere Betten füllen, das ist aber nicht aufgegangen.

Möchtest du wieder einen eigenen Veranstalter haben?
M. E.: Durch die Insolvenz von FTI ist eine Lücke entstanden. Allerdings war FTI im Billigsegment, wir als Secluded bewegen uns im mittleren bis oberen Segment. Wir sind auf Wachstum gebürstet.

Wie läuft das Geschäft derzeit?
M. E.: 2023 war gut, 2024 wird noch besser. Für heuer erwarten wir – auch aufgrund unserer Expansion und neuer Büros – ein Wachstum von voraussichtlich 35-40% im Vergleich zu 2023. Jedes Jahr kriegen wir vier bis fünf Länder dazu. Wir sind in Destinationen aktiv, die nicht alle haben. Zuletzt haben wir ein Büro in Südkorea eröffnet und bieten nun auch neu die Stan- Staaten – Kasachstan, Kirgistan, Usbekistan, Turkmenistan und Tadschikistan – an.

Und wie sieht es in Österreich aus?
M. E.: Da haben wir uns neu aufgestellt. Bertl Egger ist nach vielen Jahren sehr guter Arbeit, wofür ich ihm auch sehr dankbar bin, bei Liberty ausgeschieden, dafür haben wir Verena Kosnar für Liberty Österreich und Secluded Africa in der DACH-Region ins Team geholt. Das Incoming hier läuft gut, auch die Event Factory (Liberty Alps), unser Spezialist für die Alpen.

Wir sind seit 33 Jahren eine Konstante in Qualität und finanzieller Sicherheit

Was macht Liberty anders als andere?
M. E.: Wir sind seit 33 Jahren eine Konstante in Qualität und finanzieller Sicherheit und wir arbeiten mit einem System für die ganze Welt. Wir sind meines Wissens der größte, private DMC weltweit. Wir sind aber keine Wunderwuzzis und kochen auch mit Wasser.

Wird es noch weitere Lodges geben?
M. E.: Ich hätte Gusto auf Samburu. Auch Richtung Nordkenia würde es mich ziehen; Meru, Amboseli oder Laikipia wären interessant, ebenso wie der Speckgürtel rund um Nairobi.

Ihr wart auch in Südafrika aktiv, warum jetzt nicht mehr?
M. E.: In Südafrika waren wir an Leshiba beteiligt. Die dortige Rhino-Zucht war allerdings durch Wilderer bedroht, so dass wir die Tiere 24/7 bewachen mussten. Um vernünftig operieren zu können, muss man mindestens drei bis fünf Lodges haben, daher ist Kenia unser Hauptstandbein bei Secluded Africa. Ich will aber nichts ausschließen. Ein Joint Venture wäre auch denkbar.

Am Amazonas gibt es eventuell Ideen für Secluded

Mit dem Cardamom House habt ihr eine einzigartige Strand- Lodge errichtet. Ist noch mehr in dieser Art geplant?
M. E.: An der Küste zwischen Vipingo und Malindi hätte ich noch Gusto auf mehr. Es gibt ein Nachbargrundstück mit sechs Bungalows darauf. Wahrscheinlich werden wir davon vier Villen zu Cardamom dazunehmen. Das ist schon weit gediehen. Entlang der Küste gibt es noch ein weiteres Projekt, aber da konnten wir den Eigentümer noch nicht überzeugen. Eventuell könnten wir die Vipingo Ridge Villen auch an Cardamom angliedern. Wir sind eines der besten Boutique-Hotels in der Region.

Sind Projekte außerhalb Afrikas ein Thema?
M. E.: Melanie Linares von Liberty Südamerika hat Grundstücke am Amazonas. Da gibt es eventuell Ideen für Secluded. Wir schauen, was wir umsetzen können. Aber nur, wenn wir das Cash finanzieren können. Ich muss mich eher bremsen, ich kann und will nicht fünf Projekte gleichzeitig finanzieren.

Du führst dein Geschäft schon seit mehr als drei Jahrzehnten. Wie lange willst du noch weitermachen?
M. E.: Ich habe keinen Bock in Pension zu gehen. Wenn ich gesund bin, dann mach ich weiter. Bei Liberty und Secluded haben wir eine Struktur, mit der es auch ohne mich gut weitergehen würde.

Das Interview führte Elo Resch-Pilcik


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Foto: privat

Autor/in:

Redakteur / Managing Editor

Dieter ist seit 25 Jahren wichtiger Teil des Profi Reisen Verlag-Teams. Fast jedes geschriebene Wort, das die Redaktion verlässt, geht über seinen Schreibtisch.





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