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Aerticket: Lokal ausgestellte Tickets, globaler Content


Rainer Wieser
Nach neun erfolgreichen Jahren am Markt lässt Geschäftsführer Rainer Wieser die wichtigsten Meilensteine Revue passieren, erklärt im Gespräch mit tip-online die Vorteile eines Consolidators, die Ziele für die Zukunft und einiges andere.

tip: Als österreichische AERTiCKET seid ihr seit fast zehn Jahren am Markt – was hat damals den Ausschlag gegeben für die Neugründung?
Rainer Wieser: Wir haben im Jänner 2016 begonnen, vollenden also gerade das neunte Jahr. Viele in unserem Team waren zuvor mehrere Jahre bei TLR-Tours und haben dann gewechselt, als die TUI die Veränderungen im Zuge des Projekts „Tandem“ umgesetzt hat. Da wurde hinterfragt, ob es doppelte Strukturen wie TLR-Tours und TUI Ticket Shop braucht. Die Entscheidung fiel – wenig überraschend – für Bremen. Wir sind damals vehement dafür eingetreten, dass ein Consolidator lokal behandelt wird und nicht aus Deutschland agiert. Wir haben uns gut etabliert in Österreich als österreichischer Consolidator. Natürlich haben wir die AERTiCKET -Gruppe im Hintergrund.

Was waren die wichtigsten Meilensteine?
Rainer Wieser: Nach der Gründung am 1. Jänner 2016 war die erste Überraschung, dass wir am 2. Jänner bereits erste Tickets ausgestellt haben. Dann haben wir 2018 Cockpit eingeführt, das den Fare Wizard abgelöst hat. Die Büros haben Cockpit in ein, zwei Jahren nach der Einführung sehr gut angenommen. Als junges Pflänzchen mit drei bis vier Jahren hatten wir dann schon ein bisschen Eigenkapital aufgebaut, als Corona kam. Das war eine einschneidende Zeit. 2022 ist es wieder losgegangen, 2023 war ein super Jahr mit sehr viel Nachholbedarf. Die Ticketpreise gingen um 20% bis 30% nach oben.

Wie hat sich die Insolvenz von FTI auf euch ausgewirkt?
Rainer Wieser: Wir haben einige neue Büros dazugewonnen und haben versucht, sie bestens zu servicieren bei Flug only oder in der Kombination mit Bausteinen alternativer Anbieter. Bei Pauschalreisen haben die klassischen Veranstalter profitiert. Neue Agenturen bedeuten am Anfang auch viel Arbeit mit Synchronisation und Herstellung von Schnittstellen, da die Büros die Prozesse auf ihrer Seite möglichst einfach haben wollen. Das war herausfordernd, aber wir haben alle Aufgaben erfüllt.

Für österreichische Spezialisten wäre es sinnvoll, da sie auch in Deutschland verkaufen könnten

Die Aerticket ist in Deutschland auch im Veranstalter- und Vertriebs-Bereich aktiv – ist das für Österreich auch ein Thema? Rainer Wieser: Da muss man unterscheiden zwischen der AER Kooperation und Aerticket. Die AER Kooperation ist in Österreich nicht aktiv. Bei Axolot, einem Produkt der AER-Kooperation, findet man mittelständische Spezialveranstalter und deren Produkte, die dort allerdings nicht direkt buchbar sind. Axolot ist an unser Cockpit bereits angebunden, aber wir haben das nicht aktiv promotet, weil der Schwerpunkt auf deutschen Spezialveranstaltern liegt. Die österreichischen Spezialisten sind sich der Vorteile von Axolot noch nicht bewusst. Das scheitert an den Kosten und der Datenpflege bei den Veranstaltern. Wir wären offen dafür. Für österreichische Spezialisten wäre es sinnvoll, da sie ihre Produkte auch in Deutschland verkaufen könnten. Wir wären erst dann glücklich, wenn viele österreichische Veranstalter bei Axolot angebunden sind. Wenn ein Reisebüro einen Veranstalter über Axolot bucht, bleibt es in der Vermittlerrolle.

Was spricht für einen Consolidator?
Rainer Wieser (lacht): Ganz generell: ob da dein Heft reicht? Gibt es eine Alternative für Reisebüros? - Für eine IATA-Nummer muss man Leute eigens ausbilden, Sicherheiten hinterlegen und viel Bürokratie auf sich nehmen. Das sind große Investitionen. Und viele Airlines haben die günstigen Tarife nur auf ihren eigenen Kanälen. Und dann stellt sich die Frage, woher kriegt ein IATA-Büro die ganzen NDC-Tarife? Bei einem Consolidator ist alles dabei, samt Service, Help Desk und der ganzen Technik.

Für Reisebüros ist es einfacher, mit einem Conso zu arbeiten als eine eigene IATA-Nummer zu betreiben

Könnt ihr als Consolidator alle Tarife und alle Ancillaries anbieten?
Rainer Wieser: Ja, wir haben alle Tarife, Tour Operator Tarife, Visit Friends and Relatives-Tarife, Cruise-Fares, um die Wichtigsten zu nennen. Wir können auf mehr als 100 BSP weltweit zugreifen. Für Reisebüros ist es einfacher, mit einem Conso zu arbeiten als eine eigene IATA-Nummer zu betreiben. Durch Cockpit ist die Handhabung sehr viel einfacher geworden. Ich mache nun seit über 30 Jahren Consolidator, das Thema wurde über die Zeit immer weiter ausgebaut. Mittlerweile übernehmen wir eine wesentliche Rolle im Markt. Auch bei der FTI-Pleite haben wir gesehen, wie wichtig es ist, dass jemand mit Flug-Kompetenz die Büros unterstützt, beispielsweise bei der Gruppenabwicklung.

Wo liegen die größten Herausforderungen?
Rainer Wieser: Stichwort NDC: Das ist das Steckenpferd der Airlines. Bei klassischen GDS sind einige, aber nicht alle NDC-Carrier verfügbar. Aktuell gibt es über 50 NDC-Airlines in Cockpit, alle mit eigener Anbindung. Die Erwartungshaltung der Reisebüros ist, dass bei allen Airlines auch alle nachgelagerten Prozesse – z.B. Rückerstattung, Umbuchung etc. – in Cockpit zugänglich gemacht werden. Das ist aktuell eine Herausforderung für unsere IT. Gleichzeitig müssen wir die Airlines ins Boot holen, dass sie uns supporten. Das ist ja keine Einbahnstraße und ohne Airlines können wir die Entwicklungen nicht vorantreiben. 

Wo siehst du Aerticket Österreich in fünf Jahren?
Rainer Wieser: Vor vielen Jahren bei TLR Tours habe ich mir schon gedacht, das Ziel muss sein: Der Content muss so einfach zu beziehen sein, dass du es als Reisebüro nicht selbst machen willst. Mit Cockpit sind wir schon ein gutes Stück des Wegs gegangen, da sind wir schon auf extrem hohem Niveau. Das ist das technologisch ausgereifteste Produkt am deutschsprachigen Markt. Bei den After-Sales-Prozessen haben wir aber noch Entwicklungsarbeit vor uns.

Möchtest du noch etwas hinzufügen, wonach ich nicht gefragt habe?
Rainer Wieser: Ja, unsere Idee bei der Gründung von Aerticket Austria war, dass wir das Geschäft in Österreich machen wollen. Da steh ich auch persönlich dafür. Die Tickets sollen in Österreich ausgestellt werden. Aerticket steht dafür, den lokalen Markt lokal zu bedienen, mit einer internationalen Technologie und globalem Content dahinter. Das Beste aus beiden Welten. Die Aerticket-Mutter AER gehört ja den Reisebüros und ist kein börsennotiertes Unternehmen. Die Konstruktion mit einem Reisebüro-Verein als Eigentümer ist eine ziemlich einzigartige Konstellation. Daher holen wir immer das Beste für Reisebüros heraus.

Das Gespräch führte Elo Resch-Pilcik


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Foto: privat

Autor/in:

Redakteur / Managing Editor

Dieter ist seit 25 Jahren wichtiger Teil des Profi Reisen Verlag-Teams. Fast jedes geschriebene Wort, das die Redaktion verlässt, geht über seinen Schreibtisch.





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